Wenn man wie ich den größten Teil des Jahres in zwei Ländern verbringt, blickt man von außen ein wenig anders auf Deutschland. Französischen Bischöfen würde es niemals einfallen, den Wählern vorzuschreiben, wen sie nicht zu wählen haben. Die Katholische Kirche in Frankreich ist weitgehend weiß, bürgerlich, konservativ und national gesinnt. Niemand stört sich daran. Wer nicht dazugehören will, bleibt eben weg. Punkt.
Die Katholische Kirche sieht sich als Weltkirche. Wer ihr angehört, gehört zugleich einer Volksgruppe oder Nation mit deren kulturellen Ausprägungen an. Vielfalt in der Einheit lautet das Motto. Offensichtlich gibt es aber eine Ausnahme. Deutsch sein ist Schandfleck, voll nazi und daher unchristlich. Zumindest scheinen das die deutschen Bischöfe so zu sehen.
Sie ordnen diese Eigenschaft der Partei AfD zu und schließen ein ehrenamtliches Engagement in der Katholischen Kirche mit gleichzeitiger Parteimitgliedschaft aus. Sie blenden aus, dass fast zeitgleich zur ihrer Verlautbarung die derzeitige Ampelregierung die schärfsten Abschiebegesetze beschloss, denen selbstverständlich ebenfalls ein ausgrenzendes Menschenbild zugrunde liegt. Nur so kann man logischerweise aussortieren, wer dableiben darf und wer zu gehen hat. Kirchlicher Widerspruch dazu bleibt aus. Wer früher wählbar war, ist anscheinend immer wieder wählbar, unabhängig von den augenblicklichen politischen Inhalten. (In meiner Kindheit war das für die katholischen Priester nur die CDU.)
Frieden auf Erden zu verkünden, ist neuerdings vermutlich nur noch den katholischen Weihnachtsgottesdiensten vorbehalten. Frieden mit Russland zu suchen, wie die AfD mit manch anderen es wünscht, gehört nicht dazu. Wurden einst die deutschen Nationalsozialisten als Bollwerk gegen den russischen Bolschewismus angesehen, gelten die Neu-Nazis der AfD nun als die fünfte Kolonne Moskaus. So ändern sich die Zeiten! Das Schlagwort „Nie wieder ist jetzt!“, mit der die Ampelregierung und ihre hörigen Medien Massen auf der Straße mobilisieren, erspart das Nachdenken darüber, dass die Weimarer Verhältnisse mit der jetzigen BRD historisch gesehen überhaupt nichts gemein haben. Wem nützt diese verlogene Ablenkung?
Aufrüsten heißt die politische wie kirchliche Parole. Einschleimen bei den Mächtigen! Wird das Weihwasser, mit dem einst im ersten Weltkrieg die Waffen gesegnet wurden, schon in entsprechenden Mengen vorbereitet? Die Osternacht kommt schließlich bald.
Dass die AfD ein urkatholisches Familienbild mit Vater, Mutter, Kind und das Prinzip „Mensch von Anfang an“ vertritt, ist laut offizieller kirchlicher Verlautbarung von nebensächlicher Bedeutung. Wirft die Katholische Kirche in Deutschland eigene Grundprinzipen über Bord, nur weil sie von den angeblich Falschen vertreten werden? Oder ist man gar nach neukatholischer Auffassung erst dann ein Kind Gottes, wenn man lebend den Geburtskanal verlassen hat?
Was ist überhaupt noch katholisch an diesem deutschen Ableger der Weltkirche? Frühere katholische Fastenbräuche tauchten teilweise ein in den Leidensweg Jesu Christi. Äh? Wer war das gleich nochmal? Nun huldigt man mit Klimafasten als Opfergabe einer neuen Göttin Erde. Dass Traditionen sich überholen, kann ich noch nachvollziehen, aber sie durch Neues zu ersetzen, ohne die Spiritualität des Alten zu übertragen, ist leerer Zeitgeist.
Foto: Dr. Marcel Kunz
Zurück nach Frankreich. Ein französischer Bekannter, verheiratet mit einer Deutschen und in seiner Kindheit Ministrant, spottet über das heutige Deutschland: „Die Deutschen fühlen sich nur wohl, wenn sie sich in Schuldgefühlen und Welterlösungswahn suhlen können. Dafür zahlen sie viel Geld an fast die ganze Welt.“ Hat er recht? Inwiefern sind die katholischen Bischöfe in Deutschland darin eingebettet, ohne sich dessen unhinterfragt bewusst zu sein?
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