Ob irgendein Gott menschliche Sehnsüchte erfüllt, kann man mittels Vernunft weder belegen noch ausschließen.
Dennoch ist es vorteilhaft, wenn man auf die Existenz Gottes setzt. Man fühlt sich dann wohl und hält sich damit seelisch gesund, wenn man ein sittlich gutes und sinnerfülltes Leben führt, das an einem göttlichen Willen ausgerichtet ist. Sollte sich mit oder nach dem Tod herausstellen, dass Gott nicht existiert, hat man nichts verloren.
Setzt man umgekehrt darauf, dass Gott nicht existiert, misst man notgedrungen sein eigenes Handeln an sich selbst, weil man nicht anders kann, als sich am eigenen Gutdünken, an der eigenen Willkür auszurichten, will man nicht von woanders her fremdbestimmt sein und sich damit an einen Ersatzgottglauben hängen. Sollte sich mit oder nach dem Tod herausstellen, dass Gott wider Erwarten doch existiert und Rechenschaft einfordert, hat man alles verloren.
So ist es aus philosophischer Sicht vorteilhafter, damit zu rechnen, dass es Gott gibt. Nicht beantworten kann die Philosophie allerdings die Frage, welcher Art dieser Gott ist, wenn sie nicht von vornherein, von nirgends her begründete sittliche Modelle wählt. Damit trifft sie Vorentscheidungen, die man jederzeit hinterfragen und anzweifeln kann. Ein auf diese Weise philosophisch erschlossener Gott wird dem Menschen nur kurzfristig oder gar nie den inneren Frieden schenken. Der Zweifel wird immer an ihm nagen, ob es sich bei diesem Gott nicht doch nur um ein Hirngespinst seiner eigenen Gedankenwelt handelt.
Will der Mensch diesen Zweifel umgehen, muss er sich aus freiem Willen vertrauensvoll beschenken lassen, glauben, dass da jemand ist, der um ihn weiß und an den er sich jederzeit wenden kann. Er muss also die Gottesfrage theologisch und nicht philosophisch an sich heranlassen.
Jesus von Nazaret hat dies vorgemacht, indem er sich voll und ganz an jemanden außerhalb seiner selbst hängt, den er „Vater“ nennt, und dabei entdeckt, dass er ganz auf dessen Seite gehört. Davon sind auch seine Anhänger überzeugt und geben ihm daher die Namen Messias, Christus, Sohn Gottes oder Herr, je nach Horizont ihrer eigenen kulturellen Herkunft.
Vgl. „Auch angenabelt?”