Overblog
Folge diesem Blog Administration + Create my blog
8. Dezember 2022 4 08 /12 /Dezember /2022 17:34

Alle Jahre wieder in der Vorweihnachtszeit versuche ich innezuhalten und das Jahr im Geiste vorüberziehen zu lassen. In meinem französischen wie deutschem persönlichen Umfeld bin ich einer der Wenigen, die noch nie positiv auf Covid-19 getestet wurden, unabhängig davon, ob sie zwei-, drei-, vierfach oder gar nicht geimpft waren. Vielleicht testete ich mich nur zum falschen Zeitpunkt oder ich habe nie wirklich etwas abbekommen.

 

In den letzten zwei Jahren erlebten wir bei acht Auslandsaufenthalten jedes Mal einen anderen behördlichen Coronazirkus, bei zehn Museumsbesuchen desgleichen. Der Gipfel war die Ständige Impfkommission, die uns fünfeinhalb Monaten nach der Erstimpfung mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson in einer Nachricht auf unserer CovpassApp mitteilte, dass diese Impfung nach vier Wochen eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff benötige. Damit war diese Impfung vom Juni 2021 in Deutschland nach zwei Wochen angeblicher Immunisierungsphase genau zwei weitere Wochen gültig, während sie in Frankreich zu diesem Zeitpunkt erst anerkannt wurde. Wir hatten die Sommerzeit bei unseren persönlichen Kontakten ohne Maske heil überstanden und im Herbst mit 24 Franzosen zusammen ein langes Wochenende um Allerheiligen herum in einem Gästehaus ebenso. Weil wir für unsere Reisen einen gültigen QR-Code brauchten, erwischten wir mit viel Glück einen zweiten Impftermin mit Moderna im Dezember 21 und einen dritten im März 22 mit BioNTech.

 

Für unsere Nordspanienrundfahrt im Frühjahr 22 brauchten wir einen gesonderten tagesaktuellen Einreisecode. Drei Tage davor kam auf unsere CovpassApp ein Update. Das damit verbundene Zertifikat meiner Frau war gültig für die Einreise, meines aus unerfindlichen Gründen nicht, obwohl wir beide jeweils an demselben Datum mit jeweils dem gleichen Impfstoff geimpft waren. Zum Glück gab es im Menü der spanischen Regierung ein Menü für sonstige Impfstoffe. Dort gab ich meine Daten ein und hatte sofort ohne jeden weiteren Beleg meines Eintrages einen gültigen Einreisecode auf dem Bildschirm. Was wäre geschehen, wenn ich Mickey Maus als Impfstoff und 29.02. als Datum angegeben hätte? Vermutlich nichts, denn der spanische Programmierer wird sich wohl gedacht haben, dass ein Kranker sowieso nicht reist, Hauptsache die Obrigkeit bekommt ihren QR-Code-Nachweis. Mein Unbehagen, dass man mittels einer aufgespielten Software meinen Anteil am gesellschaftlichen Leben unabhängig von meinem körperlichen Zustand festlegen kann, schwingt im Hinterkopf immer noch nach.

 

Im benachbarten bayrischen Dinkelsbühl konnten wir zwar mit 2G einkaufen, aber ohne negativen PCR-Test nicht ins dortige Museum. Das holten wir nach, als diese Regelung fiel. Bis dahin hatten wir bei fast leeren Eisenbahnabteilen gut zehn weitere Museumsbesuche hinter uns. Proppenvoll und chaotisch wurde es in den Zügen erst beim 9-Euro-Ticket im Sommer. Hut ab vor jenen, denen dies eingefallen ist. Das war wirklich ein geniales Herdenimmunisierungsprogramm mit einer sommerlich bedingten geringeren Viruslast. Ohne überhaupt von Corona zu sprechen, holte man in Deutschland den vorher übelst beschimpften schwedischen Weg nach. Das war wirklich clever gemacht!

 

Skifahren im österreichischen Höfen, schon im Vorjahr gebucht, klappte, weil kurz zuvor außer einem gültigen QR-Code alle weiteren Einreisebestimmungen fielen. Dort erkrankte die Tochter des Hauses schon zum zweiten Mal trotz Impfung. Wir blieben dennoch. Zwei Wochen später waren wir mit den Enkeln in Jungholz, das nur von deutscher Seite aus erreichbar ist, mit Maske in der Warteschlange am Lift und im Gästehaus, aber ohne verpflichtenden QR-Code-Nachweis. Am letzten Wochenende fiel die Maskenpflicht, dafür explodierte zugleich der Ölpreis, so dass wir etwa 3 000 € mehr als geplant hinblätterten. Wir waren damals schon froh, als die Nachricht der Ölfirma kam, dass Öl für Privatverbraucher nicht wie befürchtet gesperrt war.

 

Unsere Russlandreise ist geplatzt, wohl für immer während unserer noch verbleibenden Lebenszeit, Sri Lanka wurde auf Frühjahr 23 verschoben wegen politischer Unruhen.

 

Meine Frau und ich können uns glücklich schätzen, dass wir bis jetzt gesund geblieben sind. In unserem näheren Bekanntenkreis ist das leider nicht so. Meine Gedanken an diese Menschen schwingen immer irgendwie mit, besonders bei unserem ältesten Sohn, der sich nach seinem schweren Autounfall vor zwei Jahren nun einen hochkomplizierten Gelenkbruch am linken Knöchel durch einen Sturz im dunklen Treppenhaus zugezogen hat. Das automatische Licht ging aus seiner Sicht früher aus als in der Vergangenheit. Bereits eine vorgezogene Energiesparmaßnahme? Aber laut den Grünen haben wir ja kein Stromproblem, sondern ein Wärmeproblem. Man kann heutzutage als Politiker jede Dummheit raushauen, ohne dass man ernsthafte persönliche Folgen zu spüren bekommt.

 

Unsere bisherige mit Schaltuhr beleuchtete Adventstanne haben wir durch ein unbeleuchtetes Energiespartännchen ersetzt. Während im Durchschnittsfranzosen ein mehr oder minder aufmüpfiger Gallier steckt, ist der Durchschnittsdeutsche ein mehr oder minder obrigkeitshöriger Blockwart. Man kann nie wissen, ob hierzulande irgendjemand seine verdrängten Aggressionen hinter einem moralischen Mäntelchen verdeckt und den selbsternannten Richter spielt.

 

Dem Durchschnittsfranzosen ist es gleichgültig, ob sein Gegenüber auch gegen Covid-19 geimpft ist. Entweder ist er als Geimpfter weitgehend geschützt oder er ist es halt nicht. Kein französischer Politiker würde es wagen, die individuelle Entscheidung der Bürger in Frage zu stellen. Macrons „die Ungeimpften nerven mich“ war das höchste an öffentlich verlautbartem Unwillen. Ungeimpftes Krankenhauspersonal wurde zwar offiziell entlassen, bei Personalmangel aber stillschweigend irgendwie wieder eingestellt. Inzwischen gilt in Frankreich die Pandemie ganz offiziell als beendet. Risikogruppen werden weiterhin schriftlich zur Impfung eingeladen. Ob sie Folge leisten, ist ihre private Entscheidung. Die französische Regierung wirbt dafür. Den Gedanken, dass die Impfung nur schützt, wenn der Gegenüber auch geimpft ist, kann ein Franzose nicht nachvollziehen. Ganz anders im deutschsprachigen Raum. Hier wird, vermutlich durch den Kantschen Imperativ geprägt, etwas zum allgemeingültigen Grundsatz erhoben, den jeder zu befolgen hat und wer sich dagegen sträubt, ist moralisch minderwertig und muss unerbittlich mit allen Mitteln bekämpft werden. Ob der vermeintliche Grundsatz wissenschaftlich gedeckt ist, spielt in Medien und Politik keine Rolle. Die Untersuchungen der Johns-Hopkins-Universität, dem derzeitigen Coronapapst schlechthin, oder der Uni Tel Aviv werden schlichtweg ignoriert oder ungeniert gegenteilig benützt. Motiv?

 

Im Internet bin ich nach wie vor unterwegs. Mein französisches Blog ist mangels Themen in der Coronakrise auf uraltem Stand, mein deutsches Blog vor allem durch Kunst und Corona geprägt. Meine Kommentare auf Facebook beende ich meist mit einer Frage. Darauf können automatisierte Bots, die auf Schlüsselworte mit vorgestanzten Beleidigungen oder Spott reagieren, um jemanden mundtot oder zumindest lächerlich zu machen, nicht eingehen. Gesperrt wurde ich bis jetzt noch nie, aber fleißig gelöscht. Es gibt eben Fragen, die sind für feige Medien wie die FAZ tabu. Das Kommentarmenü auf meinem Blog wird seit einigen Jahren so gut wie nicht mehr zum Streit der Meinungen genutzt. Aus Angst? Wovor? Verantwortungsethik scheint einer Gesinnungsethik gewichen zu sein. Fakten und Argumente werden ersetzt durch Haltung zeigen, Zeichen setzen, auf die vermeintlich mehrheitliche Seite gehören, die richtige Gesinnung haben und neuerdings gendern. Herrlich!  Endlich kann ich mich als alter weißer Mann verstecken hinter Kinderschänder*innen, Verbrecher*innen und Dieb*innen und unlogischer Grammatik wie der Künstler, die Künstler*innen, der Mensch, aber nicht die Mensch*innen. Überall wird dieser Stuss nachgeäfft. Für Frankreichs Schulen hat die Regierung das übrigens verboten. Auf Englisch gendern geht kaum. Nur der Neudeutsche ist woke.

 

Für eine besinnliche Adventszeit habe ich wohl jetzt genug genörgelt. Lasst sie Euch bitte nicht durch mich vermiesen. Ich wünsche von dieser Stelle aus allen Nichtjuden und Nichtmuslimen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein frohes, weitgehend gesundes Neues Jahr für alle.

Diesen Post teilen
Repost0
15. Juli 2021 4 15 /07 /Juli /2021 20:15

Der ursprünglich französische Text nennt keinen Verfasser. Dieser Unbekannte versetzt sich in die Rolle Gottes, wobei sich mir nicht erschloss, ob er von einem christlichen Gott als Vater oder von einem Jesus Christus als göttlichem Begleiter oder von einem göttlichen geistlichen Beistand ausgeht. Vielleicht meint er auch die christliche Dreifaltigkeit zusammengenommen. Mir scheint das zweitrangig. Entscheidend für mich war, wie stark mich dieser Text ansprach, so sehr, dass ich ihn hiermit in freier Form ins Deutsche übertrage, weil wörtlich übersetzen für mich nicht passt:

 

Ich, Dein Gott, kenne den Leidensdruck, die Spannungen und Unruhen in Deiner Seele, die Gebrechlichkeiten und Mängel Deines Körpers. Ich weiß um Deine Nachlässigkeit, Deine Verfehlungen und Dein Versagen. Genau deswegen sage ich Dir: „Schenke mir Dein Herz, wende Dich mir einfach so zu, wie Du bist.“

 

Wenn Du anstrebst, Dich engelsgleich der Liebe auszuliefern, wirst Du mich niemals wirklich lieben. Selbst wenn Du noch so oft in diesen Fehler verfällst, wirst Du mich niemals näher kennenlernen. Selbst wenn Du Dich feige vor der Tugend wegduckst, verschließe ich mich nicht vor Deinem Versuch, sich mir zuzuwenden.

 

Wende Dich mir zu, so wie Du augenblicklich bist, ganz gleich, in welchem Zustand Du Dich gerade befindest, sei es leidenschaftlich oder ausgedörrt, glaubend oder ungläubig.

 

Wende Dich mir zu, so wie Du jetzt bist. Ich sehne mich nach jener Zuneigung, deren Dein Herz gerade bedarf. Niemals wirst Du mich wirklich echt lieben können, wenn Du nach Perfektion strebst.

 

Mein Kind, lasse es zu, dass ich Dich liebe. Ich will Dein Herz. Natürlich will ich Dich verwandeln, aber geduldig abwartend, weil ich Dich wertschätze, so wie Du bist. Ich wünsche mir, dass Du genauso handelst. Ich möchte sehen, wie aus der Tiefe Deines Leidensdrucks Barmherzigkeit aufblüht.

 

Ich liebe an Dir all Deine Schwächen. Ich begehre die Zuwendung des Armseligen. Ich will, dass aus der Bedürftigkeit sich beständig der Aufschrei erhebt: Herr, ich liebe Dich. Es ist der Gesang Deines Herzens, der mir wichtig ist. Dafür brauche ich Dein Wissen und Deine Begabungen nicht. Es sind nicht die Tugenden, die ich Dir abverlange. Selbst wenn ich Dir welche gegeben habe, bist Du immer noch schwach genug, damit sich reine Liebe überhaupt erst damit vermischen kann.

 

Ich könnte Dich für große Vorhaben vorsehen, doch damit bist Du ein unnützer Diener. Ich nehme das Wenige, das Du hast, entgegen, denn ich habe Dich für die Zuwendung geschaffen. Sei barmherzig!

 

Diese Zuwendung wird Dich alles tun lassen, ohne dass Du groß darüber nachdenkst. Strebe nur danach, den Augenblick mit Deiner Hingabe zu füllen.

 

Heute verharre ich wie ein Bettler vor der Pforte Deines Herzens, ich der Herr aller Herren. Ich klopfe an und warte. Beeile Dich, mir zu öffnen. Schütze nicht Deine Unzulänglichkeit vor. Deine Bedürftigkeit, wenn Du sie voll durchschautest, würde Dich schmerzvoll sterben lassen. Das einzige, was mich verletzen könnte, sind Dein Zweifel und Dein Mangel an Vertrauen.

 

Ich will, dass Du Tag und Nacht an mich denkst. Ich will nicht, dass Du Dich in die bedeutungsloseste Geschäftigkeit treiben lässt, außer Du tust es aus Zuwendung. Wenn ich Dich leiden lasse, gebe ich Dir die Kraft dazu. Hast Du mir Deine Zuwendung geschenkt, werde ich Dir weitere Zuneigung geben, mehr als Du zu träumen wagtest.

 

Aber denke daran: „Wende Dich mir so zu, wie Du bist.“ Versuche nicht, ein Heiliger zu sein, um Dich ganz der Zuwendung auszuliefern. Damit wirst Du niemals lieben lernen.

 

 

Diesen Post teilen
Repost0
21. Februar 2021 7 21 /02 /Februar /2021 14:55

Am 13. Februar 2021 verabschiedete sich der Jesuitenpater Franz Jalics (1927 -2021) im Alter von 93 von dieser Welt. Trauer über seinen Weggang verspüre ich nicht, eher eine Art Zuversicht. Dankbar bin ich dafür, dass katholische Christen aus Crailsheim mich mit ihm bekannt gemacht haben, ich seine Einführungen in Meditation miterlebte und manche Eucharistiefeier mit ihm im kleinen Hauskreis mitfeierte.

 

Drei Bücher von ihm stehen in meinem Bücherregal:

führten mich zu http://winfried-schley.over-blog.net/article-beten-verwandelt-96069359.html
 

oder auf Überlegungen zum Gebet in http://winfried-schley.over-blog.net/article-14927789.html, das in einer Morgenandachtserie im Rundfunk ausgestrahlt wurde.

 

 

Sein Hauptwerk ist zweifellos:

 

 

 

Sein wichtigstes Anliegen war: „ Die Menschen suchen einen einfachen, spontanen und unmittelbaren Kontakt zu Gott.“ Von seinem Gedankengut geprägt, veröffentlichte ich folgenden Text "Der Mensch gleicht einer Zwiebel" in http://winfried-schley.over-blog.net/article-14178762.html .

 

Bei mir war das ein harter Job:
Vgl. "Quelle der zärtlichen Zuwendung" in http://winfried-schley.over-blog.net/article-17004182.html.
Dafür konnte ich seinen Segenswunsch gut gebrauchen:

Inzwischen bin ich doppelt so alt wie damals. Rückschauend kann ich nicht mehr feststellen, wo ich seinen Fußstapfen folgte oder wo ich meine eigenen Wege ging. Viele meiner Artikel waren mehr oder minder stark von ihm beeinflusst und geprägt, auch wenn ich ihn nie darüber informierte:

 

http://winfried-schley.over-blog.net/2015/12/zum-glauben-gezwungen.html als Auseinandersetzung mit Atheisten.

 

http://winfried-schley.over-blog.net/article-erlosung-heilt-67044267.html als Ursprung menschlicher Sehnsucht.

 

Er machte mir Mut, meine eigene religiöse Sprache im Umgang mit der Bibel zu suchen und zu finden, z.B. http://winfried-schley.over-blog.net/article-33824793.html  


oder meine eigenen Formulierungen zum Vater Unser in heutiger Zeit in  http://winfried-schley.over-blog.net/article-14147853.html, das als Gebet noch heute zu meinem täglichen Morgenritual gehört.

 

Ein regelrechter Dauerbrenner bei den Lesern ist http://winfried-schley.over-blog.net/article-konnen-tiere-an-gott-glauben-63853425.html.

 

Ich hoffe, dass wir uns einst wiedersehen in einer anderen, neuen Welt. Bis dahin gilt für mich: „Franz, komm gut heim!“

 

Diesen Post teilen
Repost0
6. Dezember 2018 4 06 /12 /Dezember /2018 10:33

Masse hat Macht, damals wie heute. Wer zieht im Hintergrund die Strippen? Gegen den Strom schwimmen ist ungemein schwer.

Alle Urheberrechte liegen bei Hjalmar Kunz, der mir seine Fotos für meine Texte zur Verfügung stellte.

 

1) Das Volk verurteilt Jesus

Zur gleichen Zeit der gleiche Schrei aus vielen Kehlen: „Kreuzige ihn, kreuzige ihn!“ Vielstimmig mit einer Stimme.
Pontius Pilatus als Richter lässt sich überstimmen. Kraftlos gab er dem Mob nach. Fehlender Mut? Mangel an Mitteln?

Masse hat Macht, damals wie heute.
Wer zieht im Hintergrund die Strippen? Gegen den Strom schwimmen ist ungemein schwer.

 

 

2) Jesus ergreift das Kreuz

Rückenschmerzen, Kreuzschmerzen. Die Last des Lebens hinterlässt Spuren. Jasagen dazu. Auf sich nehmen. Komme, was wolle. Bis zum bitteren Ende. Ausweichen zwecklos.

Mein Blick auf Jesus zeigt: Ich bin nicht allein damit.

 

 

3) Jesus fällt zu Boden

Ich kann nicht mehr. Ich bin fix und fertig, am Boden zerstört. Wie komme ich wieder hoch? Wie kann ich weitermachen? Wer richtet mich wieder auf?
Woher die Kraft dazu nehmen?

 

 

4) Jesus begegnet seiner Mutter

Jede Mutter ist Wiege des Lebens. Tragen, austragen, zu Ende tragen. In ihren Eingeweiden gespeicherte Erinnerung wandelt sich in bohrenden Schmerz, wenn die Frucht ihres Leibes vor ihr stirbt. Weinen, klagen, schreien, bis die letzte Träne versiegt und stille Trauer einkehrt.

 

 

5) Simon trägt das Kreuz mit

Einer wird gebraucht. Er hilft mit, er hilft aus. Zweitrangig, ob freiwillig oder nicht. Hauptsache, er ist da. Er fühlt, dass er wichtig ist, jetzt und sofort. Niemand widerspricht ihm.

 

 

6) Veronika reicht das Schweißtuch

Not macht barmherzig. Erleichterung tut wohl, auch wenn das Ende unausweichlich kommen wird. Der Trost einer Frau begleitet. Die Erinnerung daran bleibt wach.

 

 

7) Jesus fällt erneut

Ein Rückfall. Die alte Schwäche ist wieder da. Schwäche kann ungemein stark sein. Sie ist aber nicht endgültig. Es geht weiter.

 

 

8) Jesus und die klagende Frau

Jammern aus Mitleid. Angst um die eigene Brut. Sie ist berechtigt. Jesus ist der falsche Vorwand. Er spiegelt daher: "Weine nicht über mich ...“.

 

 

9) Jesus fällt zum dritten Mal

Das war zu erwarten. Es musste ja so kommen. Alle Anzeichen sprachen dafür. Jetzt ist es eingetreten. Und dennoch, es geht weiter.

 

 

10) Sie reißen ihm die Kleider vom Leib

Die Menschenwürde ist antastbar. Gesetze gelten nicht für alle. Entblößen, entwürdigen. Die Menschenwürde ist antastbar.

 

 

11) Jesus wird ans Kreuz genagelt

Niet- und nagelfest. Endgültig. Einige reiben sich hoch zufrieden die Hände.  Hier wurden Nägel mit Köpfen gemacht. Andere schauen ohnmächtig zu. Keine Hilfe weit und breit.

 

 

12) Jesus wird vom Kreuz abgenommen

Schadensregulierung,  erster Teil: So, wie es jetzt ist, darf es nicht bleiben. Trauer und Schmerz wollen verarbeitet und bewältigt werden. Für die anderen muss das Leben weitergehen. Abgedroschen, aber wahr.

 

 

13) Jesus wird ins Grab gelegt

Schadensregulierung, zweiter Teil: Vergiss nie: „Vom Staub bist du genommen, zu Staub wirst du werden.“ Zurück zur Mutter Erde. Anlaufstelle für Trauernde. Der Fall findet seinen vermeintlichen Abschluss.

 

 

14) Gott erweckt Jesus zum Leben

Unerwarteter Vorgang. Der Fall ist nicht zu Ende. Ein hoffnungsvoller Neubeginn auf eine andere Weise, für immer und ewig.

 

Fazit:

Für mich ist Jesus Christus derjenige, der mir durch seinen Tod hindurch zu Gott Vater vorausgegangen ist und der mich hoffen lässt, dass ich ihm durch meinen eigenen Tod hindurch hinterdreingehen darf.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diesen Post teilen
Repost0
11. Dezember 2016 7 11 /12 /Dezember /2016 10:48


 

Advent auf der nördlichen Welthalbkugel

Alle Jahre wieder bekommen die Medien in unseren Breiten in der Adventszeit ihr soziales Gewissen. Sie veröffentlichen zuhauf Spendenaufrufe, Aktionen der Barmherzigkeit und zu Herzen rührende Geschichten. Sie beklagen die Oberflächlichkeit der am Konsum orientierten Adventszeit und den überbordenden Vorweihnachtsrummel.

 

Romantische Weihnachtsmärkte mit Glühwein, Lebkuchen und allerlei Gebäck erzeugen landauf, landab in von Lichterketten umrandeten Holzbuden eine Heimeligkeit in die kurzen, hellen Tage und die langen, dunklen Nächte. Niemand denkt daran, dass unser christlicher Kirchenkalender, der hierzulande auch die an unser Schmuddelwetter angepassten Absatzmärkte bestimmt, auf der anderen Seite der Welthalbkugel auf Hochsommer mit langen Tagen und kurzen Nächten trifft, also überhaupt nicht dazu passt.

 

Wie abwegig müssen den asiatischen Arbeitern aus den Billiglohnländern jene Massenartikel vorkommen, die sie für unseren Weihnachtsrummel zu Spottpreisen herstellen?

 

Alles hierzulande scheint in dieser Vorweihnachtszeit auf Friede und Freude getrimmt zu werden, so, als komme in unserem Leben Leid und Trauer nur aus Versehen mal vor, was man möglichst rasch übertünchen muss. Wem das nicht gelingt, fühlt sich irgendwie schuldig, ob er nicht doch etwas falsch gemacht habe, weil er augenblicklich gar nicht glücklich sein könne und deshalb die Vorweihnachtsseligkeit der anderen störe. Entsprechend hoch sind in dieser Zeit die Selbstmordversuche jener, denen das nicht gelingt.

 

Dabei gibt es sehr gute Gründe, traurig zu sein: Privater oder beruflicher Streit, Unfall, Krankheit oder gar Tod eines Angehörigen oder Freundes, Verlust des Arbeitsplatzes, verpasste Gelegenheit oder einfach eine gefühlte Sinnlosigkeit im eigenen Dasein. Wir haben ein Grundrecht darauf,  traurig zu sein. Es gehört zur Wahrheit und Wirklichkeit unseres Lebens. Diese adventliche Friede-Freude-Eierkuchenwelt ist eine Lebenslüge, die wir nicht durch noch so viele eingekauften Geschenke zudecken können.

 

Advent im christlichen Sinne ist das Warten auf einen Erlöser. Das setzt voraus, dass es etwas zum Erlösen gibt und ein Hoffen auf bessere Zeiten Sinn macht. So gesehen ist Unglücklichsein eine Kunst, die man lernen muss. Grauer Alltag will bewältigt sein. Trauer und Schmerz brauchen Raum und Zeit, Adventszeit, für den Einzelnen unterschiedlich lang, manchmal Jahre lang und nicht an die vier Wochen vor Weihnachten gebunden.

 

Dennoch macht es Sinn, gerade diesen vier Wochen eine symbolische Bedeutung für die Allgemeinheit zu geben, ein gemeinschaftliches Harren auf die Geburt eines Kindes, das nicht mit Glanz und Gloria in die Welt tritt, sondern dessen Leben  mit bitterster Armut und Not beginnt und mit einem grausamen Tod am Kreuz endet.

 

Christen feiern dies im Sinne des Apostels Paulus, der in seinem Brief an Titus schreibt: „Als aber die Güte und die Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien, hat er uns gerettet  ... durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geist. Ihn hat er in reichem Maße über uns ausgegossen durch Jesus Christus, unseren Retter, damit wir durch seine Gnade gerecht gemacht werden und das ewige Leben erben, das wir erhoffen“ (Tit 3,4-7).

 


Diese tröstende Gewissheit in Gestalt eines Neugeborenen geschenkt zu bekommen, ist, kurz gefasst, das Wesen von Weihnachten. Die Adventszeit soll genau darauf einstimmen. Wenn Christen Advent feiern, leben sie damit auf etwas Letztes hin, wohl wissend, dass sie in ihrem irdischen Dasein im Vorletzten verharren.

Diesen Post teilen
Repost0
19. Juli 2016 2 19 /07 /Juli /2016 10:51

 

48 Pilger aus Pamiers und der Region Ariège auf dem Weg nach Krakau zum Weltjugendtreffen der katholischen Jugend stiegen am Montagabend vor dem Jugendzentrum Crailsheim aus dem Reisebus. Die meist jungen Leute im Alter von 15 bis 30 Jahren unter der Leitung von Coline Bergaud richteten sich ein Nachtlager in der Jahnhalle ein, um dann eine von den beiden Geistlichen Antoine Reneaut und Cedric Pujol zelebrierte Messe abzuhalten.

 

 

Nach der geistlichen gab es eine körperliche Stärkung im Jugendbüro der Stadt Crailsheim, die freundlicherweise Unterkunft und Verpflegung ermöglicht hat. Noch nie wurde den beiden Köchinnen Ursula Zimbel, Susanne Richter und ihren Helfern so stürmisch gedankt mit Sprechchören und Dankeshymnen wie an diesen Abend.
Zum Ausklang lud das JuZe zum Kickern und Musik, zum gegenseitigen Kennenlernen und auch der WLAN-Rechner lief heiss. Gegen 22 Uhr hieß es Adieu und Gute Nacht; denn um 6 Uhr am
Dienstagmorgen wollten sie wieder auf die Autobahn Richtung Polen. Sie bedankten sich herzlich bei der Stadt Crailsheim, bei  Luisa Geiger mit ihrem JuZe-Team und beim Jugendbüro.

Roland Richter, Arbeitsanleiter JuZe

 

Diesen Post teilen
Repost0
19. Januar 2016 2 19 /01 /Januar /2016 21:32

Ganz gleich, ob man die Buchstaben G, o, t und t zu dem Wort Gott aneinander reiht oder eine andere Buchstabenfolge dafür verwendet, für mich entscheidend ist, warum der Mensch so etwas überhaupt macht. Irgendwann in der Menschheitsgeschichte müssen begabte Individuen begonnen haben, das Unergründliche, das sich von ihrem eigenen Ich-Bewusstsein wesentlich unterscheidet, entdeckt, erahnt, erfasst haben und es irgendwie durch kultische Handlungen, Rituale, Wortgebilde, Lieder und Gesänge verarbeitet, begreifbar und anderen vermittelbar gemacht und sich diesem Unbegreifbaren vertrauend überlassen haben.  Liturgie und Gebet haben hier ihren Ursprung.

 

Architektonische Spuren dieser menschlichen Entdeckungsreise kennen wir etwa ab der Jungsteinzeit an den Ufern von Euphrat, Tigris und Nil, ein wenig später an Ganges und Jangtsekiang. Offensichtlich brach sich hier etwas Geistiges in der menschlichen Entwicklung unaufhaltsam seine Bahn. In Gesetze und Philosophien gegossen und bis heute prägend sind ab der Bronzezeit die Lehren von Zarathustra und Mose im Vorderen Orient, Lao-Tse, Kung-Fu-Tse und Siddartha Gautama in Zentralasien, über die griechischen Philosophen in Südeuropa bis hin zu den  Varianten eines Jesus von Nazaret oder Muhammads.

 

Mich prägte vor allem die Entdeckung des persönlich unmittelbar ansprechbaren Gottes, jenem Phänomen, das Jesus von Nazaret durch den Namen Abba, also Vater, ausdrückte. Das hängt natürlich damit zusammen, dass ich in den entsprechenden Kulturkreis hineingeboren wurde, mit der Sprache meiner Eltern und ihrer Umgebung aufwuchs, die maßgeblich meine eigene Gedankenwelt und Ausdrucksform mitgestaltete. Möglich, dass eine genetische Veranlagung mein religiöses Suchen entscheidend bestimmte und ich in Indien damit vielleicht ein hinduistischer Guru geworden wäre, weil sich mir dort ja keine andere Möglichkeit geboten hätte, meine Religiosität in entsprechende Worte, Gebete, Rituale und Gedankengebäude zu fassen als eben in die dort vom Umfeld vorgegebenen. Hier nun bin ich halt ein katholischer Religionslehrer geworden. Um vieles auszuprobieren, dazu ist mein eigenes Leben viel zu kurz. Ich hätte gut 200 Jahre dafür gebraucht.

 

Angesichts der unüberschaubaren und sehr langen Evolution nicht-menschlichen Lebens vom Einzeller, über Bakterien, Viren und Tierarten bis hin zum heutigen Menschen, ist mein eigenes Leben nicht einmal eine Nanosekunde wert, von möglichen Lebensformen in fernen Galaxien ganz zu schweigen. Es könnte mir vollkommen gleichgültig sein, wenn es mich nicht selbst so unmittelbar anginge. Da tröstet mich, dass ich für den christlichen Gott so etwas wie der Nabel der Welt bin, merkwürdigerweise nicht ich allein, sondern alle Menschen. Das ist eine wenig anschauliche Vorstellung, mit der ich aber gut leben kann. Ob Gott das vom Anfang des Universums an so gewollt hat oder ob umgekehrt erst auf die frühesten religiösen Anfragen der
entsprechend entwickelten menschlichen Großhirne ein liebender Gott sich diesen Wesen zugewandt und offenbart hat und damit ein Zwiegespräch zwischen Mensch und Gott ermöglichte,  darüber dürfen Theologen und Philosophen spekulieren. Mir ist es gleichgültig, ich pfeife darauf. Für mich zählt, dass Gott eine persönliche, allumfassende Kraft ist, auch dann, wenn ich sterbe und ich irgendwie dauerhaft bei ihm bleibe. Darauf möchte ich mich einlassen und verlassen, so wie Jesus Christus es als Erstgeborener der Entschlafenen, wie die Christen glauben und verkünden, vorgemacht hat.

 

Diesen Post teilen
Repost0
28. Dezember 2015 1 28 /12 /Dezember /2015 12:22

Es belustigt mich immer wieder aufs Neue, wenn, vor allem im Internet, bekennende Atheisten mit geradezu religiösem Eifer ihren Nichtgottglauben verkünden. Dass dieser selbst von
Werthaltungen geprägt ist, die oft abendländisch jüdisch-christliche Wurzeln haben, lassen sie meist nicht an sich heran.


Wie unheilbar religiös Menschen sind, erkennt man heutzutage daran, dass Kinofilme mit mythischem Hintergrund Kassenschlager sind. Mythen ziehen magisch an. Esoterische Literatur, Spiritismus, Okkultismus, Anthroposophie, Astrologie, Teufelskulte, transzendentale Meditation mit  fernöstlichen Anklängen, New-Age-Exerzitien, Esoterik-Urlaub füllen die Kassen der Buchverlage und der Tourismusbranche.

 

Offensichtlich kann der Mensch auf Dauer nicht ohne religiösen Anklang leben, sehnt sich nach einer Reise zu seinem Innern, nach Stille und Einkehr.


Der Mensch kann diesem Grundbedürfnis nicht ausweichen, er kann nur wählen, was er zu seinen Gottheiten macht und was nicht.


Erfährt der Mensch Angst, die er besiegen will, eine innere Leere, die er ausfüllen möchte, eine Erschöpfung, vor der er sich erholen muss, sieht er sich gezwungen, alltäglichen Kleinkram zu meiden und den Weg in die Tiefe zu wagen. Worin er Geborgenheit oder gar seelische Heimat findet, ob und wie er sich selbst annehmen lernt, wie er lieben und geliebt werden erfährt, dazu muss er sich auf den Weg machen. Er kann gar nicht anders, will er nicht an sich selbst in Oberflächlichkeit ersticken. Ein wenig frei ist er nur in der Wahl seiner Wege. Doch
auch hier prägt ihn sein Vorwissen, sein Horizont, seine Erziehung darin, wie und was er auswählt. Er muss wählen, will er seelisch nicht zu Grunde gehen.


Warum heute viele Menschen die klassischen Angebote des Christentums außen vor lassen, ist mir ein Rätsel. Was macht es ihnen so schwer, einen personalen Urgrund des Seins, einen Schöpfer und Vater aller Menschen anzuerkennen? Er muss ja nicht jeder gleich durch meditative Selbstversenkung oder mystische Vereinigung diesen Geist, diese Energie, diese
Schöpfungskraft in sich selbst erfahren, wo alles miteinander verwoben und gegenseitig beseelt ist. Eine dumpfe Ahnung davon genügt, um sich als von Gott angenommen zu fühlen, sich auf ihn einzulassen, sich an ihm fest zu machen.

 

Erst wer auf mehr brennt, sollte sich mit Jesus Christus und der biblischen Verkündigung befassen und damit, wie sich Gott hierbei den Menschen selbst mitteilt. Orte der Information darüber sind die christlichen Kirchen.


Gelebter Glaube braucht Anhaltspunkte. Religiöse Feste gliedern die Zeit, zum einen die Jahreszeit zum Innehalten, zum andern wollen die Knotenpunkte des Lebens gefeiert werden: Geburt als geschenktes Leben, Geschlechtsreife als Verlassen der unmündigen Kindheit und Übergang zur Eigenverantwortung, Familiengründung als Ausblick in die Zukunft, Grenz- und Ohnmachts-erfahrungen in Krankheit oder Unglück als Weichenstellung und Neuanfang, Tod als Übergang. Christliche Glaubensgemeinschaften bieten eine solche Möglichkeit. Das Feiern der
christlichen Sakramente hat hier seinen Ursprung. Ihre Ausprägung unterscheidet sich je nach Kirchenzugehörigkeit.

 

Bald beginnt das neue Jahr 2016 mit seinen Vorsätzen an Neujahr.
Wie wäre es mit einer Weichenstellung in Richtung Gott?

 

Diesen Post teilen
Repost0
13. Dezember 2015 7 13 /12 /Dezember /2015 15:54

Schneller, einfacher, lokaler: So wünscht sich Papst Franziskus die Prozesse zu
Ehe-Annullierungen, mit denen der Papst im August 2015 Anregungen aus dem synodalen
Prozess zur Ehe- und Familienseelsorge aufnahm. So las ich in einer Presseschlagzeile.


Haben die Synodalen beim Streit um die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener gemerkt,
dass viele zerbrochene Ehen gar nie sakramentale Ehen waren und ist jetzt der große Ehe-Check
gefällig?


Auch wenn ich im Vorfeld der Synode nie um meine Meinung dazu gefragt wurde, habe ich
dennoch eine. Vorneweg fünf persönliche Bemerkungen aus meinem Leben, deren
Wahrheitsgehalt ich nie überprüft, aber auch nie angezeifelt habe.


1) Wie überrascht war ich als Religionslehrer, als die ersten polnischen Aussiedler in meinem
Unterricht auftauchten und wie selbstverständlich davon ausgingen, dass ein katholischer
Priester ein Geliebte haben dürfe, aber eben nicht heiraten, weil er Ehelosigkeit und nicht
Keuschheit geschworen habe. Derselben Sichtweise begegne ich bei meinen Bekannten in
Südfrankreich. Es scheint dort so üblich, dass Geschlechtsverkehr und die sakramentale Ehe
zwar zusammengehören, aber eben nicht ausschließlich.

 

2) Von kirchlichen Mitarbeitern, die in Lateinamerika waren, erfuhr ich, dass ein Priester etwa
alle drei Jahre in abgelegene Andendörfer komme. Dann hört er Beichte, feiert Eucharistie, traut und tauft. Er traut also Paare, die schon längst in einer Naturehe zusammenleben und Kinder haben, zum Teil auch von anderen Partnern. Hier wird das Sakrament der Ehe als Sakrament
der nachträglichen Festigkeit der augenblicklichen Paarbeziehung, die eben zufällig bei Ankunft des Priesters existiert, als endgültig erklärt. Ehevorbereitungskurse, Diskussionen über
Geschlechtsverkehr sind daher ein überflüssiges Thema.

 

3) Von kirchlichen Mitarbeitern, die in Afrika waren, erfuhr ich, dass schwarzafrikanische Priester
überhaupt kein Problem damit haben, wenn ein afrikanischer Mann mehrere Frauen hat, mit
einer davon halt katholisch getraut ist, mit den anderen eben nicht. Solange er sich von der
kirchlich Angetrauten nicht trennt, liegt aus ihrer Sicht kein Ehebruch vor.

 

4) Von manchem meiner ehemaligen Schüler weiß ich, dass sie sich oft erst nach Jahren des
Zusammenlebens kirchlich trauen und gleichzeitig ihre Kinder taufen ließen, unter anderem
auch, um früheren sexuellen Beziehungen die gleiche Qualität wie in der jetzigen Ehe abzusprechen. Ähnlich wie in Lateinamerika wird hier das Sakrament der Ehe als Sakrament
der nachträglichen Festigkeit gesehen, jedoch diesmal festgelegt durch den Willen des Hochzeitspaares. Der gültige Kommuniongang bei der Hochzeitsmesse wurde nicht angezweifelt.

 

5) Aus meiner Kindheit weiß ich, dass der Gemeindepfarrer einer Freundin meiner Mutter riet,
sich nur standesamtlich trauen zu lassen, weil er an der Dauerhaftigkeit ihrer zukünftigen Ehe
zweifelte. Sex außerhalb der sakramentalen Ehe war für diesen Priester offensichtlich kein oder
ein geringeres Problem, solange er nur vor einer kirchlichen Trauung stattfand und nicht danach.
Das Paar bestand damals auf der Trauung. Die Ehe brachte eine Tochter hervor und zerbrach
sehr schnell. Nach meinen Rückerinnerungen lebte besagte Freundin danach eine lebenslange
Trennung von Tisch und Bett, ohne sich mit einem neuen Partner einzulassen. Ihren Ehemann
habe ich nie kennengelernt.

 

Zweifelllos hat sich jemand schuldig gemacht, wenn seine Ehe dauerhaft zerbricht, was sicher
der Versöhnung durch das Bußsakrament bedarf. Seine begangene schuldige Verletzung des
ehemaligen Partners bleibt dieselbe, ganz gleich, ob er später seine Genitalien jemand anderem
zur Verfügung stellt oder nicht. Tut er es nicht, hat die gängige Theologie in unserer Breiten kein
Problem damit, ihn zum Kommuniongang zuzulassen. Tut er es aber, stempelt sie ihn zum
Dauerehebrecher ohne Reue, weil diese Lehre unhinterfragt, vielleicht auch unbewusst, die Ehe
als eine reine Ansammlung von Geschlechtsverkehren und nicht als endgültig zerbrochenes
geistiges Ganzes sieht. Damit entscheidet nicht das Verhalten des Betroffenen, sondern der
Blickwinkel des außenstehenden Theologen, ob der Betroffene als einmaliger Sünder oder als
Dauersünder gesehen wird.

 

Für die Katholische Kirche besteht die theologische und kirchenrechtliche Herausforderung darin,
ob das Sakramentale ihres Eheverständnisses auch dann gewahrt bleibt, wenn man den
geistigen Tod in einer zerbrochenen Ehe als solchen anerkennt und wie man ihn für die
Außenstehenden  kirchenrechtlich festzurrt, ohne die vom Grundsatz her unauflösliche Ehe der Beliebigkeit des Partnerwechsels preiszugeben.

 

Der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer schlägt zu diesem Themenkreis vor, dass der
wiederverheiratete Geschiedene, der zur Kommunion gehen will, sich der Zustimmung seines
früheren Partners, mit dem er sich das Sakrament der Ehe gespendet hat, sicher sein muss.
Denn man könne nicht am Leib Christi teilhaben und sich gleichzeitig unchristlich verhalten. Eine
theologisch gültige Teilnahme an der Kommunion müsse sich am Glauben, an der Versöhnung
und der Verantwortung in einer neuen Partnerschaft orientieren.

 

Nachdenkenswert, finde ich.

Diesen Post teilen
Repost0
24. Oktober 2015 6 24 /10 /Oktober /2015 18:13

Die sakramentale Ehe zwischen Mann und Frau ist das Abbild der Beziehung zwischen Jesus und seiner Kirche. Sie ist so lange gültig, bis einer der Partner stirbt. Bei der kirchlichen Trauung vertrauen die Eheleute auf Gottes Segen und darauf, dass Gott sie beide stark macht, die Krisen auszuhalten, vor denen keine Ehe gefeit ist.

 

Es sind die Eheleute, die sich dieses Sakrament spenden, nicht der Priester oder Diakon.

 

Drei Bedingungen machen die Ehe zum Sakrament.

 

1) Mann und Frau versprechen sich bei der kirchlichen Trauung die Treue bis zum Tod des Partners und versichern vor kirchlichen Zeugen, dass sie dieses Versprechen freiwillig und ohne Zwänge abgeben. In der Regel ist dieser Zeuge ein Priester oder Diakon, der hier die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen vertritt.

 

2) Zur sakramentalen Ehe gehört die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau. Geschlechtsunreife, Impotente und Homosexuelle können daher keine solche Ehe eingehen.

 

3) Zur sakramentalen Ehe gehört der Wille, sich dem Zeugen von Kindern nicht zu verweigern. Kinder sind Geschenke Gottes. Es gibt daher kein Grundrecht auf ein Kind.

 

Vielen, die sich trauen lassen, scheint dies nicht in voller Tragweite bewusst zu sein. Hier muss die Katholische Kirche in ihrer Ehepastoral unbedingt nachbessern.

 

Liegt ein Konsensmangel bei der christlichen Trauung vor, verhindert dieser das Zustandekommen einer sakramental gültigen Ehe.

Das katholische Eherecht unterscheidet:

Erkenntnismangel

   Fehlendes Mindestwissen über die Ehe

   Irrtum über die Person

   Irrtum über eine Eigenschaft des Partners

   Täuschung

Willensmangel

   Vorbehalt gegen die Ehe als solche (Totalsimulation)

   Vorbehalt gegen die Unauflöslichkeit der Ehe

   Vorbehalt gegen die eheliche Treue

   Vorbehalt gegen die Elternschaft

   Vorbehalt gegen das Gattenwohl

   Willensbestimmender Irrtum über eine Wesenseigenschaft der Ehe

   Bedingung

   Furcht oder Zwang

Fehlender Vernunftgebrauch

   Mangelndes Urteilsvermögen

   Unfähigkeit zur Eheführung

   Psychischer Mangel

 

In der Debatte um die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion erlebe ich immer wieder mal einen unbewussten, grob vereinfachten Ehebegriff, an dem vermutlich eine gewisse Leibfeindlichkeit in traditionsbehafteten, katholischen Kreisen nicht ganz unschuldig ist:

 

Ehe ist, wenn der richtige Penis in der richtigen Scheide steckt. Ist eines davon falsch, ist es Ehebruch. Was als richtig gilt, wird festgelegt durch das Treueversprechen bei der kirchlichen Trauung. Dass dieses Versprechen mehr umfasst als sexuelle Treue, bleibt hierbei außen vor. Vertrauen dem andern schenken und selbst vom anderen annehmen, gemeinsam miteinander Zukunft zu gestalten, die Anforderungen des Lebens wagen und die auftretenden Klippen umschiffen, sind dabei nicht im Blick.

 

Nach dieser vereinfachten Logik ist jeder sexuelle Kontakt außerhalb dieses Musters ein erneuter Ehebruch, obwohl eine vollkommen zerrüttete Ehe wie ein in tausend Splitter zerborstenes Glas gar nicht erneut gebrochen werden kann. Hier wird Ehe nicht mehr als leiblich-geistiges Ganzes, sondern als eine in einen rein äußerlichen Rahmen eingebettete Ansammlung von Geschlechtsverkehr gesehen.

 

Wenn zum Beispiel jemand fremd geht, aber seinen sexuellen Fehltritt aufrichtig bereut und Erlösung durch das Bußsakrament erfährt, kann er unbeanstandet wieder zur Kommunion gehen. Nicht zur Kommunion gehen kann aus diesem vereinfachten Blickwinkel heraus der wiederverheiratete Geschiedene, weil er nach diesem Denkmuster als eine Art Dauerfremdgeher eingestuft wird, der in ständiger Sünde lebt, selbst dann, wenn er in fester Treue zu einem neuen Partner hält.

 

Sicher hat eine sexuelle Vereinigung in einem neuen Verhältnis nicht den sakramentalen Segen der zerbrochenen Ehe, weshalb auch keine weitere sakramentale Ehe möglich ist, solange einer der Teilhaber an diesem Sakrament noch lebt, aber daraus jedoch zu schließen, dass die Unauf-löslichkeit der sakramentalen Ehe selbst damit in Frage gestellt wird, wenn wiederverheiratete Geschiedene nach gründlicher geistlicher Prüfung zum Bußsakrament und zur Kommunion zugelassen werden, wirkt auf mich derzeit nicht logisch schlüssig begründet. Einen Verrat an der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe kann ich bis jetzt nicht erkennen.

 

Vgl. auch http://winfried.schley.over-blog.net/article-bis-der-tod-euch-scheidet-120554336.html

 

Diesen Post teilen
Repost0

  • : Blog von Winfried Schley
  • : Anekdoten, Gedanken, Gedichte, - mal heiter, mal nachdenklich, Theologisches und Philosophisches im Alltag, dt.-frz. Beziehungen und Städtepartnerschaft, Kunst und Kunstausstellungen, ... und was mir sonst noch in den Sinn kommt.
  • Kontakt

Profil

  • Winfried Schley
  • Niemals in Gleichgültigkeit verfallen, unabhängig davon, was im Leben auf mich zukommt !  
 Ich interessiere mich für alles, was dem friedlichen Zusammenleben der Menschen dient.
  • Niemals in Gleichgültigkeit verfallen, unabhängig davon, was im Leben auf mich zukommt ! Ich interessiere mich für alles, was dem friedlichen Zusammenleben der Menschen dient.

Bookmarking, Blogbewertungen

BlogPingR.de - Blog Ping-Dienst, Blogmonitor  Bloggeramt.de Add to Technorati Favorites
fiid.de Overblog Suche  Blogverzeichnis 
Domainwert fuer winfried.schley.over-blog.net Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

follower 

 

Bookmark bei Mister Wong Bookmark bei Del.icio.us Bookmark bei Digg Bookmark bei Blinklist
Bookmark bei Technorati Bookmark bei Newsvine Bookmark bei Furl Icons von Blog-Marketing

 

Suchen