Augustinus
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„Lieber kurz und intensiv gelebt, als lange Zeit gedarbt! Leben ohne Spaß ist kein Leben!“, höre ich so manchen Jugendlichen dahinsagen. Schlagartig anders wird das, wenn plötzlich eine ernst zu nehmende Krankheit oder gar der Tod ihn selbst oder einen nahestehenden Freund bedroht und ihm mit voller Wucht bewusst macht, wie brüchig und endlich doch Leben, auch das eigene, ist. „Das kann doch nicht alles gewesen sein! Da hätte es doch mehr und anderes geben müssen!“, bekomme ich dann zu hören.
Formulierung wie „nicht alles“ oder „mehr und anderes“ verraten eine tiefe Sehnsucht nach etwas, das über den augenblicklichen Kick hinausgeht, was beständiger ist, inneren Frieden und Erfüllung bringt, Kraft und Trost fürs Loslassen, für den Abschied aus dem irdischen Dasein, für einen Übergang ins Unbekannte spendet.
Diese innere Unruhe begleitet den Menschen ein Leben lang, auch wenn er sie zeitweilig im Trubel der Geschäftigkeit, in der Ablenkung dieser Welt gar nicht spürt, ja nicht einmal vermisst. Nur wer Langeweile und Stille aushalten lernt, wird diese Erfahrung machen.
Christen sind überzeugt, dass diese innere geistige Unruhe einen Grund, eine Ursache, genauer einen Verursacher hat, also von jemandem herkommt, der eben diesen Menschen gewollt ihn ins Leben gerufen hat und ihn vorbehaltlos liebt. Dieses unstillbare Verlangen, das der dadurch beunruhigte Mensch in sich spürt, ist für Glaubende das im Menschen durch einen „Schöpfergeist“ eingelagerte Echo einer anderen Sehnsucht, der Sehnsucht eines „unendlichen Gottes“ nach gerade diesem Menschen ganz persönlich.
Jesus von Nazaret – Sohn der Maria nennt ihn der Koran der Moslems und die Christen bekennen ihn als den Christus, den Messias, den Erlöser - hat diesem Phänomen den Namen „Vater“ gegeben und den Menschen verkündet, dass es das Wichtigste ist, diese Wahrheit zum zentralen Inhalt des eigenen Lebens werden zu lassen. Christen glauben, dass er um dieses Geheimnis des unstillbaren Verlangens nach diesem Vater deshalb so gut Bescheid weiß, weil er in einmaliger, unverwechselbarer Art und Weise ganz auf dessen Seite gehört, vollkommen durchdrungen von dessen göttlichem Geist.
Christen bekennen ihn daher als „Sohn Gottes“ und beten ganz ungeniert etwas verkürzt: „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.“ Theologisch genauer müsste es allerdings heißen: „Ehre sei dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist ...“; denn für Christen ist Christus ihre Verbindung im Geist zum Vater.
„Darüber kann man doch nicht sprechen!“ Das höre ich oft, wenn es um persönliche Probleme geht. „Das kann ich Ihnen doch nicht zumuten. Das belastet Sie doch nur.“ Meine Erfahrung ist eine ganz andere. Mich belastet, wenn ich solche persönlichen Probleme spüre und sie eben nicht angesprochen werden. Und das gilt für mich selbst und das gilt für die Menschen, mit denen ich lebe und die mich um Gespräche bitten. Ja, das geschieht, Menschen bitten um geistliche Gespräche, aber das Eigentliche kann nicht gesagt werden… Es ist schlimm, wenn es nicht geäußert wird, immer nur im Inneren kreist, aber den Menschen nie verlässt. Das vergiftet auf die Dauer.
Freilich schäme ich mich auch, wenn ich etwas sehr Privates aussprechen will. Und wie! Wer tut das nicht? Das ist ja schon bei jedem Arztbesuch so, wenn es um private Körpergegenden geht. Was wird der andere von mir denken, wenn ich ihm dieses Problem oder dieses schlimme Vorkommnis beichte? Ja, es kostet große Überwindung. Es braucht Mut. Und es braucht großes Vertrauen, dass der andere mein Geständnis nicht missbraucht. Oder dass ich es eines Tages als Anspielung oder ironische Bemerkung wieder zu hören bekomme. Darum kann das nur in einem geschützten Raum stattfinden.
Aber es gibt auch kaum eine größere Erleichterung und Befreiung, kaum eine größere Freude, wenn es heraus ist. Und wenn es in Liebe, Ehrfurcht und Barmherzigkeit angehört und angenommen wurde. Ja, wenn ich losgesprochen wurde.
Ich weiß noch, wie ich als Kind jubelnd die Kirchenstufen herabgesprungen bin, wenn ich von der Beichte kam. Oder auch später als Jugendlicher nach dem Gespräch bei meinem Kaplan, der mich begleitete und bei dem ich das Beichtgespräch (außerhalb des Beichtstuhls) kennen gelernt habe. Wie erleichtert und glücklich war ich! Oder auch nach so manchem schwierigen Gespräch in den späteren Jahren. Sogar nach meinem letzten Impuls über die pharisäerhaften oder auch zöllnerhaften Gedanken in mir war ich nachher freier davon. Ging es mir damit gut, obwohl es mir schwer gefallen war, das so zu Papier bringen oder besser in meinen Computer zu tippen. Dabei ist das, was ich hier in „update für die Seele“ schreibe, natürlich auch immer so etwas wie „literarisch“. Ich bin das, was ich schreibe, aber ich bin auch noch jemand anderes. Ich spitze zu und verallgemeinere. Aber um es gültiger zu machen.
Aber zurück zum Thema: Warum schreibe ich über diese befreienden Erfahrungen des geistlichen Gesprächs und der Beichte? Ich möchte Ihnen Mut machen, sich auch eine geistliche Begleiterin oder einen geistlichen Begleiter oder auch einen Beichtvater zu suchen. „Unmöglich – no way“ werden Sie vielleicht sagen. Aber so unmöglich ist es nicht. Sie finden sogar auf „update seele“ unter der Rubrik „Gesprächspartner“ (rechts oben) Männer und Frauen, die bereit sind, Sie ein Stück auf Ihrem Glaubensweg zu begleiten. Warum möchte ich Ihnen dazu Mut machen?
Weil ich mir die schönsten Dinge auf dieser Welt gar nicht selber sagen kann. Sie müssen mir von anderen gesagt werden. Weil ich frei werde, wenn ich äußere, was da in mir ist und mich traurig, unglücklich, ja verzweifelt macht. Wenn ich äußere, was an Last in mir liegt, dann kommt sie ja heraus. Dann ist sie nicht mehr nur in mir. Dann ist sie draußen. Jemand trägt sie mit: geteiltes Leid ist halbes Leid. Das ist immer meine Erfahrung gewesen und ich bin unendlich dankbar dafür. Und ich danke den vielen, die mich seit meiner Kindheit so begleitet haben im Beichtstuhl und außerhalb.
Vielleicht sagen Sie: ich habe das aber noch nie gemacht. Ich habe noch nie über mein Inneres oder gar mein Innerstes gesprochen. Wie soll ich das denn können? Darf ich Ihnen dazu einen Vorschlag machen? Kaufen Sie sich ein Tagebuch. Oder wenn Ihnen das auch noch zu schwierig ist – es könnte ja mal irgendjemand in die Hände fallen –, dann nehmen Sie erst einmal ein ganz normales Blatt Papier. Sie dürfen auch gleich die Streichhölzer danebenlegen. Aber schreiben Sie mal auf: Ihre Wut, Ihre Trauer, Ihre Sehnsucht, Ihre Wunden, Ihre Sünden, Ihre schlechten Gewohnheiten, Ihre Belastungen, was immer da in Ihrem Inneren umherkreiselt.
Sie werden die Erfahrung machen, dass das bei den ganz schweren Sachen erst einmal gar nicht geht. Ich krieg’s nicht mal aufs Papier. Ich kann’s nicht aufschreiben. Ich kann’s nicht in Worte fassen. Ja, so ging es mir auch manchmal. Und wenn ich es dann doch hingeschrieben hatte, dann habe ich es gleich wieder zugekritzelt. Das können Sie auch. Oder Sie können es gleich verbrennen… Aber was ich dann aufs Papier schreiben konnte, das ist schon mal geäußert. Das ist schon mal draußen und raus. Und wenn das geschafft war, dann konnte ich es eines Tages auch jemandem sagen. Und dann wurde ich freier und erlöster. Es muss dann nicht einfach weg sein, aber es setzt ein Verstehensprozess ein und allmählich auch Versöhnung. Ich lerne mich selbst neu und besser kennen. Ich lerne, mich selbst besser anzunehmen, weil ich die Annahme durch meine/n Begleiter/in spüre. Welch ein Glück!
Also nur Mut. Es geht. Nehmen Sie erst einmal ein Stück altes Schmierpapier…
(01.02.2010)
Es grüßt Sie herzlich
Wenn es einen Menschen gibt, mit dem ich nicht tauschen möchte, dann ist das Johannes, genannt der Täufer.
Welchem Erwartungsdruck seiner Eltern musste er wohl schon als Kind standhalten? Hatte es seinem Vater, dem Priester Zacharias, doch gewaltig die Sprache verschlagen, als ihn Gott erfahren ließ, dass er und seine Frau Elisabet auf ihre alten Tage noch einen Sohn bekommen würden mit großartiger Zukunft: "Viele Israeliten wird er zum Herrn, ihrem Gott bekehren. Er wird mit dem Geist und der Kraft des Elija dem Herrn vorangehen, um das Herz der Väter wieder den Kindern zuzuwenden und die Ungehorsamen zur Gerechtigkeit zu führen und so das Volk für den Herrn bereit machen." Welch ein Glück, dass Johannes "Wein und andere berauschende Getränke" nicht zu sich nahm, er wäre unter diesem hohen seelischen Druck höchstwahrscheinlich davon abhängig geworden.
So blieb ihm nur der Rückzug in die Einsamkeit der Wüste, vor der sengenden Sonne des Tages, der Eiseskälte der Nacht und dem Fauchen des Sandsturmes geschützt durch ein raues Gewand aus Kamelhaaren, vor dem Verhungern bewahrt durch Heuschrecken und wildem Honig, bis ihn der Auftrag Gottes einholte, Vorläufer für den Messias zu sein, ein Leben, das alles andere als auf Rosen gebettet verlief.
Niemand hatte ihm in der Wüste einen höflichen Umgangston beigebracht. Dass er überhaupt welche zum Neuanfang mit Gott zu überzeugen vermochte und diese sich von ihm zum Zeichen ihres Neubeginns sogar taufen ließen, wundert mich. Beschimpfte er sie doch als Schlangenbrut und drohte mit den ewigen Feuer als Strafe Gottes. Einen solchen Spinner hätte ich schwätzen lassen, ohne mich darum zu kümmern.
Einer von denen, die er damals schrecklich genervt hat, war Herodes Antipas, der damalige Landesherr von Juda. Angestiftet von seiner zweiten Frau Herodias und empfindlich getroffen von dem Vorwurf, dass er unrechtmäßig seine erste Frau verstoßen habe, um Herodias, die Frau seines Bruders, zu heiraten, hat er Johannes kurzerhand ins Gefängnis gesteckt, schreckte jedoch vor seiner Hinrichtung zurück, weil er sich insgeheim vor ihm fürchtete, ihn für einen heiligen und gerechten Mann hielt. Darum deckte er ihn, besuchte ihn heimlich, auch wenn es ihn "unruhig und ratlos machte, und doch hörte er ihm gerne zu"(Mk 6,20b).
Wie war es Johannes im Kerker wohl zumute, Gefangener und Seelsorger zugleich, oft einsam und voller Zweifel über sich und seinen Auftrag? Hatte ihn sein Gespür, er habe den lang ersehnten Messias vor sich, getrogen, als er Jesus am Jordan taufte? Jemand musste ihm die Nachricht in die Haft geschmuggelt haben, dass Jesus sich nach Galiläa zurückgezogen hätte. Hatte Jesus Angst, selbst verhaftet zu werden? War Jesus überhaupt der Messias? Hatte er, Johannes, sich bloß in ein Wahnbild verstrickt? Es gelang ihm, über zwei seiner Anhänger Jesus zu fragen: "Bist du der, der kommen soll oder müssen wir auf einen anderen warten?" Doch Jesu Antwort: "Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt." war für den Zweifler im Gefängnis wohl alles andere als eindeutig. Dass Jesus ihn selbst höher als alle anderen Propheten einstufte und ihn als Erfüller der Heiligen Schrift sah, der dem Messias den Weg bahnen sollte, wie es der Prophet Maleachi schon verkündet hatte, das bekam Johannes nicht zu hören. Er blieb im Kerker ganz auf sich allein gestellt.
Schied er im Gottesfrieden oder in abgrundtiefer Verzweiflung, als sich die Gefängnistür zum letzten Mal für ihn öffnete und der Henker ihm den Kopf abschlug? Wusste er, welch lächerlicher Anlass ihn den Kopf kostete? Hatte sich der Henker an der Macht über den Verängstigten und Verzweifelten berauscht und den Hofklatsch vor ihm ausgebreitet?
Herodes war bei seiner Geburtstagsfeier vermutlich vom Wein ein wenig angeheitert gewesen, hatte zusammen mit seinen Gästen den Bauchtanz seiner leicht geschürzten Tochter genossen und sich dann vor allen Leuten leichtsinnig zum Schwur hinreißen lassen, er werde ihr jegliche Bitte gewähren, was Mutter Herodias sofort ausnutzte und ihrer Tochter den Wunsch einredete, den Kopf des Johannes zu fordern. Aus Angst, sein Gesicht zu verlieren, sprach Herodes das Todesurteil. Aber sein Gewissen muss ihn gehörig geplagt haben; denn als ihm die Taten Jesu zu Ohren kamen, befürchtete er, Johannes sei auferstanden. So wurde der geradezu lächerlich armselige Tod des Johannes zum Zeichen, dass Gott sich nicht mundtot machen lässt.
Christen feiern an Weihnachten das Geburtsfest jenes Mannes, auf den Johannes, der Täufer, zeigt. Davor liegt die Adventszeit, die Zeitspanne des Johannes, die "Ankunfts"zeit mit ihrem Kerzenschein. Adventskerzen und Johannes haben eines gemeinsam: Wer Licht bringen will, muss herunterbrennen.