Zwar war alles nach ein paar Tagen wieder gut, doch mein Ringfinger blieb dicker, so dass der Ehering nicht mehr passte. Ich musste ihn ein wenig weiten lassen. Dies tat ich in jenem Schmuckgeschäft, in dem ich vor dreißig Jahren die Eheringe gekauft hatte.
Natürlich war das eingravierte Muster schon längst nicht mehr sichtbar, glattpoliert während all der Jahre, in denen der Ring bei handwerklichen Arbeiten im gemeinsamen Haushalt immer wieder leichte Schläge abbekam. Doch im Innern des Eherings war das Hochzeitsdatum und der Name meiner Frau noch entzifferbar.
Zufällig war die Seniorchefin des Schmuckgeschäftes anwesend. Dass jemand einen so lange getragenen Ring zum Weiten zu ihr brachte, hat sie so gerührt, dass sie spontan die Bezahlung als Spende in die Sammelbüchse für krebskranke Kinder warf, die auf der Verkaufstheke ihres Ladens steht. Dreißig Jahre – da werden Erinnerungen wach:
Damals hatten meine Frau und ich uns für eine katholische Trauung entschieden. Wir unterschrieben beim katholischen Pfarrer, der uns trauen sollte, dass wir aus freien Stücken uns für diese Ehe als lebenslangen Bund entschlossen hatten und gewillt waren, miteinander Kinder zu bekommen.
Andernfalls hätte uns der Priester gar nicht trauen dürfen; denn nach der Lehre der Katholischen Kirche sind es die Eheleute, die sich das Sakrament der Ehe spenden. Es ist nicht der Priester oder jemand anderer, der halt den Trauritus vollzieht. Jene vertreten nur die Kirchengemeinde, die das Ehepaar für diesen neuen Lebensbund zum Zeugen nimmt.
Ein Sakrament ist ein äußeres Zeichen einer inneren, unsichtbaren Gnade. Das Ehesakrament im katholischen Verständnis gilt als Abbild der immerwährenden Liebe Gottes zu den Menschen, als Symbol der nie abreißenden Verbundenheit Christi mit seiner Kirche. Diese Art Ehe gilt daher als unauflösbar. Die sexuelle Vereinigung ist tiefstes und nicht anderweitig ersetzbares Zeichen dieser Verbindung.
Daher können Impotente, homosexuelle oder lesbische Paare keine Ehe in diesem Sinne eingehen.
Drei Kinder hat mir meine Frau geschenkt. Das war wie in allen Familien Stress, Freude und Sorge pur!
Auch kirchlich getraute Ehen werden zwar im Himmel geschlossen, aber auf Erden geführt mit allen Höhen und Tiefen, Schicksalsschlägen und Krisen, Durststrecken und Auseinandersetzungen. Wie teilen wir unser Einkommen auf, wo sparen und worauf, wofür ausgeben, worauf verzichten? Welche gemeinsame Normen für die Erziehung der Kinder haben wir, welche zeichnen sich im Laufe des Lebens erst ab? Welche Interessen leben wir gemeinsam, welche überlassen wir frei dem Eigenleben des Partners, das ja weiterhin existiert?
Immer wieder neu muss eine solche Beziehung hinterfragt, verändert und erneuert werden, auch im Sexualverhalten. Schließlich nimmt die sexuelle Attraktivität anderer möglicher Partner ja nicht ab, nur weil zwei sich einmal füreinander entschieden haben. Der Bauch kennt keine Treue. Es ist der eigene Wille, die eigene, verinnerlichte Moral und im Laufe der Zeit auch ein Stück weit Vertrautheit und Gewohnheit, die sich immer wieder neu für den angetrauten Partner entscheiden lässt. Je länger eine solche Beziehung dauert, je deutlicher wird ein gemeinsamer roter Faden darin sichtbar, um so mehr erscheint dieser Lebensabschnitt als Geschenk.
Als meine Frau kürzlich meinte, sie wünsche sich weitere dreißig Jahre Zusammenleben mit mir, tat mir das sehr gut. Das macht das Herz weit und offen für die Zukunft! Ein geweiteter Ehering ist dagegen nur Abklatsch, aber vielleicht auch unterstützendes Symbol für viele weitere gemeinsame Jahre.
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