Auf den ersten Blick wirkte Vietnam auf mich chaotisch, wuselig und geschäftig.
Kaum hatte ich 100 Euro auf dem Flughafen von Ho-Chi-Minh-Stadt in vietnamesische Dongs eingetauscht, durfte ich mich mit über 2,7 Mio VND in der Brieftasche als fast dreifacher Millionär fühlen. Diese großen Zahlen machten mir unerwartet mehr Schwierigkeiten, als ich mir das beim Umrechnen ursprünglich vorstellen konnte. Später bemerkte ich, dass viele Einheimische die letzten drei Ziffern kurzerhand unterschlugen. Nannten sie auf Englisch einhundert, meinten sie in Wirklichkeit 100 000 VND. Um mir schnell ein Bild von der wahren Kaufkraft meiner Tausender zu machen, erfand ich mir in der 330-ml-Bierdose eine Ersatzwährung: 13 000 VND im kleinen Lebensmittelgeschäft, zwischen 20 000 und 30 000 VND (zur Zeit etwa 1 Euro) in den Streetfood-Lokalen, zwischen 50 000 und 80 000 VND in den Hotels, die unser Reiseunternehmen gebucht hatte. Die Haltepunkte für die Pinkelpausen waren in etwa dreimal so teuer wie die kleinen Geschäfte am Straßenrand, falls man überhaupt eine Gelegenheit hatte, sie aufzusuchen.
5 000 VDN, zur Zeit etwa 18 Cent, schienen überall das augenblickliche Trinkgeld für die Toilettenfrau zu sein. 1 000- und 2 000-Scheine bekam ich zwar als Rausgeld, entdeckte aber nirgends eine Kaufgelegenheit zu diesen Summen. Gern angenommen wurden Eindollarscheine als Trinkgeld für kleinste Handgriffe und Dienstbarkeiten, was aber offensichtlich nur von Touristen erwartet wurde.
Wer keine Scheu vor fremden Gerüchen und unbekanntem Essen hat, insbesondere vor den Suppen, die einem Eintopf ähneln, dem kann ich die vietnamesische Küche nur empfehlen. Ich fand sie vielseitig und hervorragend, die sich obendrein äußerst gut mit vietnamesischem Bier von etwa 4,8% Alkoholgehalt verträgt.
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Dafür, dass Vietnam ein kommunistisches Land sein soll, begegneten mir auffallend viele religiöse Elemente wie Tai Chi oder Falun Gong in den Parks, etwas verweltlichter sogar eine Art Hipp-Hopp mit Musik. Als Gruppentourist wird man in viele Pagoden geführt. Sie wirkten auf mich ziemlich gleich mit ihren überlebensgroßen, kostbar gekleideten Figuren, die irgendwelche längst verstorbene Gelehrte darstellen. Deren Namen sind von Pagode zu Pagode verschieden.
buddhistische Predigt zum Vollmondfest am 15. November
Räucherstäbchen und Räucherspiralen brannten pausenlos. Die Opfergaben davor wirkten auf mich banal wie aus einer anderen Welt. Ich vermisste Spiritualität. Dass Gläubige zu diesen Statuen beteten, befremdete mich, denn es handelt sich ja nicht um Gottheiten, die hier dargestellt werden.
Liegt hierin die Wurzel, warum in kommunistischen Ländern Asiens der Personenkult von Staatsführern so reibungsarm klappt?
Ahnenkult mit häuslichem Altar scheint weit verbreitet, wie ich bei einem Essen in einer vietnamesischen Familie mitbekam. Der junge Enkel sprach ein wenig Englisch, tippte rasend schnell die Geschichte seines verstorbenen Großvaters in sein Smartphone und fragte mich: „English?“ „No, German.“ Mit einem Klick zeigte er mir auf seinem Gerät eine fehlerfreie deutsche Übersetzung, KI in Vietnam. Auf den Straßen sieht man viele, nicht nur junge Menschen mit ihrem Smartphone in der Hand. Damit bezahlen sie anstandslos überall und bedienen vermutlich noch viele weitere Funktionen. Ihr Smartphone ist aus ihrem Alltag nicht mehr wegzudenken. Funknetz und Strom sind wohl überall verfügbar. Fotovoltaik- und Windkraftanlagen habe ich nirgends bemerkt.
Alle Welt kennt die berühmte Halong-Bucht mit ihren wuchtigen und begrünten Kalkfelsen, die aus dem Meer ragen.
Vor Ort stimmte mich nachdenklich, wie sich durch die gewaltige Tropfsteinhöhle „Surprise Cave“ in stickig schwülwarmer Luft eine Menschenmasse wälzte, deren Fließgeschwindigkeit durch die vielen Fotos, mit der sich vor allem weibliche Personen ablichten ließen, immer wieder ausgebremst wurde. Das gleiche Bild zeigte sich mir auf den schmalen Stufen zum Gipfel der Titov-Insel, eine Menschenschlange bergauf und dicht daneben jene bergab. Das Meer drumherum wimmelte von größeren und kleineren Schiffen. Dass ahnungslose Touristen am kleinen Strand der Insel im warmen, aber stark verschmutzten Meerwasser baden, werden sie wohl erst zu Hause an unangenehmen Hautreizungen und Magen- und Darmerkrankungen merken. Wie es wohl den Einheimischen gesundheitlich geht, die sich von Fischen aus diesen Gewässern täglich ernähren müssen?
Weitere Eindrücke:
Straßenmetzgerin
Auch Vietnam kennt Müll sammelnde alte Menschen.
Seitenstraße, wohl für Touristen hergerichtet.
Müllabfuhr auf Vietnamesisch.
Kleiderhändler
Seidenstickerei
Straßenküche
gemeinsames Mittagessen
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