Anekdoten, Gedanken, Gedichte, - mal heiter, mal nachdenklich, Theologisches und Philosophisches im Alltag, dt.-frz. Beziehungen und Städtepartnerschaft, Kunst und Kunstausstellungen, ... und was mir sonst noch in den Sinn kommt.
Durch Winfried Schley
Selbstverständlich anonym wie heutzutage üblich warf mir ein Schüler in einer Abiturzeitung vor, dass Leute wie ich schuld daran seien, dass Menschen massenhaft aus der Katholischen Kirche austreten. Nun kann ich mich an keine lebhafte Auseinandersetzung in meinem Unterricht zu diesem Thema erinnern, so dass ich stark vermute, dass hier ein Schüler einen ganz privaten Konflikt mit der Lehre der Katholischen Kirche hat, die vermutlich nicht seiner wohl durch Medien vorgeprägten Geisteshaltung entspricht, der er sich unbewusst, vielleicht auch unhinterfragt, angepasst hat, um modern zu wirken. Altmodisch und hinterwäldlerisch bin für ihn auf jeden Fall ich.
Immer wieder mache ich die gleiche Beobachtung. Geht ein Glaube verloren, wird er rasch durch einen anderen ersetzt, meist durch den augenblicklichen Hauptstrom in den Medien verursacht. Ganz ohne Glaube scheint der Mensch nicht auszukommen.
Sehr oft erfuhr ich als katholischer Religionslehrer am Gymnasium Ablehnung. Man warf mir Indoktrination und Intoleranz gegenüber Andersdenkenden vor und ich fragte mich, warum mein Gegenüber nicht einfach meine Haltung neben der seinen stehen lassen kann, wenn er selbst doch angeblich ach so tolerant ist. Offensichtlich wirke ich als lebendiger Vorwurf und berühre wohl unbewusste Schuldgefühle, deren man sich mit allen Mitteln erwehren muss.
Nichts ist für mich z.B. widersprüchlicher als ein Atheist, der mit missionarischem Eifer seinen Nichtgottglauben verkünden muss. Sein manchmal selbstgerechter Wahrheitswahn spricht Bände, an denen jeder Tiefenpsychologe seine helle Freude hätte. Welche tiefsitzenden Ängste müssen verdrängt bleiben?
Zur Zeit feiert eine Diktatur des Relativismus, einer sinnenleeren Aufklärung, einer gedankenlosen Gleichmacherei, getarnt als Gleichberechtigung, in den Medien Triumphe. Dass Wasser bergauf fließt, ist in diesem Gedankengebäude genauso gültig wie die Gegenbehauptung, dass Wasser bergab fließe. Beide erscheinen in diesem Denkmuster als gleichberechtigte Sichtweisen, die gefälligst zu tolerieren sind.
Ein solches Musterbeispiel dafür ist für mich die im Familienpapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vollzogene Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der richtigen Ehe zwischen Mann und Frau. Hier kuscht man vor einer kleinen Gruppe von Menschen, die ihre sexuelle Neigung zum nachahmungswürdigen Kult erhebt und jeden der Intoleranz oder Diskriminierung bezichtigt, der hier Kritik wagt. Unbekümmert und moralisch überheblich beschimpft diese Gruppe einen Kritiker, dass dieser sich im Sumpf eines Homophobenmorastes befinde. Dass eine solche Haltung selbst diskriminierend ist, fällt vielen nicht mehr auf. Man hat hier einen neuen, moralisch scheinbar höherwertigen Glauben geschaffen, der es erlaubt, Andersdenkende moralisch tiefer einzustufen und damit als minderwertig zu bekämpfen.
Weitere zeitgeistige Haltungen finde ich im Internet, wo praktizierende Katholiken einfach nur lächerlich gemacht werden, als wären sie abartige, vogelfreie Wesen, pure Kathophobie also. Umgekehrt aber achten diese Blogger meist peinlich genau, manchmal fast unterwürfig darauf, dass Ansprüche anderer Minderheiten politisch korrekt eingehalten werden müssen und diese keinesfalls diskriminiert werden dürfen. Sachliche Argumente scheinen dort in der Auseinandersetzung nicht mehr nötig zu sein. Es genügt ein Hinweis auf die christliche, wenn nicht gar katholische Religiosität einer Person, um nach Herzenslust abwertend über sie herziehen zu können.
Aber all das muss ich ertragen lernen. Denn ich bin ja selbst schuld. Schließlich sind es Leute wie ich, die Menschen massenhaft aus der Katholischen Kirche austreten lassen, wie der anonyme Schüler in der Abiturzeit so selbstsicher feststellte .
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