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Anekdoten, Gedanken, Gedichte, - mal heiter, mal nachdenklich, Theologisches und Philosophisches im Alltag, dt.-frz. Beziehungen und Städtepartnerschaft, Kunst und Kunstausstellungen, ... und was mir sonst noch in den Sinn kommt.

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Marokko heimlich Euroland

Der Zufall wollte es, dass meine Frau im Flugzeug von Frankfurt nach Casablanca neben einen Marokkaner zu sitzen kam. Er hatte seinen Sohn besucht, der in Würzburg Medizin studiert und befand sich nun auf dem Rückflug. Er gab uns den Tipp, auf dem Flughafen nur 100 Euro in Dirham umzutauschen, da der Kurs unterwegs günstiger sei. Was wir uns allerdings nicht vorstellen konnten, war die gleichzeitige Nutzung beider Währungen, zumindest dort, wo Touristen sich vorrangig bewegen. Zahlte man im Hotel oder im Touristenlokal für eine 1,5-l-Flasche Mineralwasser für z.B. 25 DHM mit einem 5-Euroschein, konnte das Rausgeld aus einem 20-DHM-Schein und einem Fünzigcentstück bestehen oder auch aus einer 2-€-Münze und einer 5-DHM-Münze. Der stillschweigende Umrechnungskurs 1 € = 10 DHM war dafür äußerst hilfreich. In den kleinen Läden in den Nebengassen musste man mit DHM bezahlen.

 

Die Hassan-II.-Moschee in Casablanca ist mit ihrer 20.000 m² großen Gebetshalle und dem 200 Meter hohen Minarett eine der größten Moscheen der Welt und kann als einzige Moschee Marokkos auch von Nichtmuslimen innen besichtigt werden, leider nicht für uns, da gerade das Zuckerfest, das Fest des Fastenbrechens nach dem Ramadan, auch Eid al-Fitr genannt, gefeiert wurde. So sind die vielen Moscheen unterwegs irgendwie wenig interessant, einmal Moschee, immer Moschee.

 

Da dieses Fest über drei Tage geht, planen viele Familien Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten des Landes.
Kinder funktionierten diesen Aufenthalt zu ihren eigenen Spielen um.

 

 

Auffallend war für uns, dass in den Straßencafés nur Männer saßen. Offensichtlich haben sie genug Zeit und Geld dafür.

 

Für Einheimische wohl uninteressant, aber für Touristen war schnell klar: Die Römer waren in Volubilis schon sehr viel früher da. Die Ruinen mit ihren eindrucksvollen Überresten und Mosaiken zeigen eine untergegangene Hochkultur.

 

In der Rückschau hinterließen bei meiner Frau und mir die alten Königsstädte Rabat, Meknès, Fès und Marrakesch den nachhaltigsten Eindruck. Höhepunkt für mich persönlich war der Souk von Fès. Damit sich unsere 19-köpfige Reisegruppe in den engen, unübersichtlichen und winkeligen Gassen – angeblich sollen es 9 400 sein – nicht verläuft, bekam unser Reiseführer, der übrigens gut deutsch sprach, einen einheimischen Einsammler zugesellt. Dass sich hinter den engen Gassen umwerfend schöne Häuser mit Innenhof (Riad) verbergen, erkannten wir bei einer Vorführung und Verkostung marokkanischer Küche. Die bestens gewürzte, in einer Tajine zubereitete Speise ließ etwas vom Zauber des Orients erahnen. Die Speisen in den Touristenrestaurants waren eher den ungeübten Geschmacksnerven der Reisegruppen angepasst.

 

Berühmt ist die Lederverarbeitung von Fès, wobei früher Ammoniak und heute Taubenmist verwendet wird. Gegen den unangenehmen Geruch erhält der Besucher einen Minzestengel, den er sich vor seine Nase halten kann. Der dortige Verkaufsladen wimmelte von hochwertiger und hochpreisiger Ware. Doch nicht ein Verkäufer trug Leder, was mich stutzig machte und vom Kauf eines Gürtels aus Dromedarleder abhielt.

 

Kostbare Holzarbeiten aus Thuja passen leider nicht in unsere Reisekoffer.

 

 

Keramik vom Feinsten

 

Orientale lieben offensichtlich Kitsch, wenn man von den vielen Kutschen,
mit denen die Touristen spazierengefahren werden, ausgehen kann.

 

Dass der Reiseprospekt die Fahrt von Fès nach Marrakesch als marokkanische Schweiz beschrieb, ließ in mir den Verdacht aufkommen, dass der Werbetexter die Schweiz nicht kannte. Außer ein paar Zedern am Straßenrand und einem ziemlich ausgetrockneten Stausee gab die Landschaft nichts Besonderes her. Dass die Entfernungen vom Reiseunternehmen mit bedeutungsärmeren Haltepunkten durch touristische Restaurants wohl oder übel überbrückt werden müssen, ist unausweichlich. Man kann die geographische Beschaffenheit eines Landes nicht ändern. Immerhin sahen wir zum ersten Mal einen blühenden Akazienbaum.

 

Marrakesch wimmelte von Touristen, was das orientalische Flair vor allem auf dem berühmten Marktplatz Djemaa el-Fna erheblich einschränkte. Ich suchte dort eine ganz bestimmte, leicht und luftig gestrickte Kopfbedeckung und wurde hilfsbereit von einem zum anderen Händler weitergereicht, was aber leider nicht zum Ziel führte, bis ich einen jungen Händler entdeckte, der genau eine solches Exemplar trug. Ich deutete auf seine Kopfbedeckung. Er schien auf geheimnisvolle, uns unbekannte Weise bereits bestens informiert, flitze sofort los und kam kurz danach mit mehreren Exemplaren zurück, wovon ich zwei für je sechs Euros erstand. Handeln in diesem kleinpreisigen Rahmen schien mir nach seiner sportlichen Laufeinlage unangemessen. Als wir bei einem wesentlich älteren Händler zwei große Beutel Teemischung erstanden, hatte dieser wohl Mitleid mit uns und setzte nachträglich selbst den Gesamtpreis von sieben auf sechs Euros herab.

 

Hart blieb ich bei meinem Eindollarschein für das Foto mit den Kobras.
100 DHM für einen 30-Sekunden-Auftritt schien mir unverschämt.

 

Wer den exotischen Jardin Majorelle besuchen will, braucht wohl die Vorplanung eines Reiseunternehmens oder eine Online-Buchung mit Zeitfenster. Man ist ständig irgendjemandem für ein Foto von seiner weiblichen Begleitung oder einem Selfie im Weg.

 

Lustig fand ich die als Palmen getarnte Sendemasten fürs Internet.

 

Französisch als Zweitsprache ist immer noch üblich. Wir kamen damit gut durch. Es wird sogar dafür geworben.
Dennoch hatten wir den Eindruck, dass vor allem die jungen Leute sich mehr dem Englischen zuwenden.

 

Als Zwischenstopp auf dem Weg zur Hafenstadt Essaouira besuchten wir eine Frauenkooperative, wo man uns gezeigte, wie einst mühselig die harten Schalen der Argannuss mit einem Stein aufgeklopft, der innere Kern herausgeschält und danach mit einer Steinmühle mühsam das kostbare Arganöl herausgepresst wurde. Verlockend riecht dieses Luxusöl nicht, ist dank diesem genialen Marketing entsprechend teuer, auch wenn heute wohl alle Arbeitsgänge maschinell vor sich gehen. 

Überrascht hat mich, wie groß die Arganölbäume werden.
Ich hatte sie mir aus dem Fernsehen als Sträucher vorgestellt, auf denen Ziegen weideten.

 

Auf dem Souk von Essouira wurde überall Amlou, eine süße Mandelpaste aus gerösteten Mandeln, Orangenhonig und Arganöl als Brotaufstrich angeboten, frisch gemahlen zubereitet, selbstverständlich auf elektrisch angetriebenen Mühlen.  

 

Einzelne Zigaretten verkaufen kennen wir aus Deutschland nicht.

 

Am Hafen erlebten wir in den Abendstunden Fischer, wie sie mit bloßen Händen frisch gesalzene kleine Sardinen an Angelhaken aufspießten für den nächtlichen Fang der größeren Fische. Sie kehren mit ihren kleinen Booten erst am nächsten frühen Nachmittag heim. Von Deutschland kennen sie die Fußballbundesliga.

 

Viele Spaziergänger ließen sich den aus Zuckerrohrstangen und Orangen gepressten Saft schmecken,
serviert in einem Plastikwegwerfbecher mit Deckel und Trinkhalm.

Das Meer ist im Frühjahr dort für den Atlantik überraschend warm, aber der Meerwind pfeift kalt.   

Für gute Magennerven:

                           

 

 

 

 

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